2. Systemische Therapie
2.1 Dupilumab (Dupixent®)
Der monoklonale Antikörper Dupilumab ist zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen, zugelassen.
Im November 2020 erweiterte die Europäische Kommission die Zulassung von Dupilumab (Dupixent®) in der EU auf Kinder im Alter von 6 bis 11 Jahren mit schwerer atopischer Dermatitis, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Damit ist Dupilumab die einzige systemische Behandlungsoption, die in der EU für diese Patientengruppe zugelassen ist.
In den Zulassungsstudien kam es nach 16 Wochen bei 36-38% der behandelten Erwachsenen, bei 24% der jugendlichen Altersgruppe und bei 32,8% der Kinder (6-11 Jahre) zu einer vollständigen oder nahezu vollständigen Abheilung der AD, entsprechend einem IGA (Investigator Global Assessment)- Score von 0-1.
Lebendimpfstoffe und attenuierte Lebendimpfstoffe dürfen nicht zeitgleich mit Dupilumab angewendet werden. Eine Impfung mit inaktivierten oder Totimpfstoffen während der Behandlung ist möglich.
Zu den häufigsten Nebenwirkungen zählen Reaktionen an der Injektionsstelle, Konjunktivitis, Blepharitis und oraler Herpes.
Im Rahmen der frühen Nutzenbewertung nach § 35a SGB V hat der GBA für Dupilumab im Verhältnis zur zweckmäßigen Vergleichstherapie
- bei Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer AD einen Hinweis für einen beträchtlichen Zusatznutzen sowie
- bei Jugendlichen Patienten im Alter von 12- 18 Jahren mit mittelschwerer bis schwerer AD einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
- bei Kindern von 6-11 Jahren mit schwerer AD einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen
- bei Kindern im Alter von 6 Monaten 5 Jahre mit schwerer AD, die für eine Systemi-sche Therapie in Betracht kommen und deren Krankheitsbild, dem von Erwachsenen hinreichend ähnelt, einen Anhaltspunkt für einen nicht quantifizierbaren Zusatznutzen sowie
- bei Kindern von 6 Monaten bis 5 Jahren mit schwerer AD, die für eine Systemische Therapie in Betracht kommen und deren Krankheitsbild, dem von Erwachsenen nicht hinreichend ähnelt, keinen Zusatznutzen beschlossen.
Bundesweite Praxisbesonderheit Dupixent® bei Atopischer Dermatitis
Dupixent® (Wirkstoff: Dupilumab) ist ab dem 01.12.2018 als Praxisbesonderheit nach § 106 SGB V ab dem ersten Behandlungsfall als Praxisbesonderheit von der Prüfungsstelle und dem gemeinsamen Beschwerdeausschuss (§ 106c SGB V) ausschließlich im Anwendungsgebiet mit einem Zusatznutzen laut G-BA-Beschluss vom 17.05.2018 anzuerkennen. Ebenso ist Dupixent ab dem ersten Behandlungsfall in den Anwendungsgebieten mit einem Zusatznutzen laut G-BA-Beschluss zur Indikation
„atopische Dermatitis bei Jugendlichen ab 12 Jahren“ vom 20.02.2020 anzuerkennen. Andere Anwendungsgebiete und Anwendungsgebietserweiterungen sind ausdrücklich nicht von dieser Praxisbesonderheit eingeschlossen. Die Anwendungsgebiete mit Zusatznutzen lauten:
„Dupixent wird angewendet zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis (AD) bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen.“
sowie
„Dupixent wird angewendet zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis (AD) bei Jugendlichen ab 12 bis < 18 Jahren, die für eine systemische Therapie in Betracht kommen“.
Außerdem bundesweite Praxisbesonderheit ab dem 01.07.2021 in den Anwendungsgebieten mit einem Zusatznutzen laut G-BA Beschluss zur Indikation „schwere atopische Dermatitis bei Kindern zwischen 6 und 11 Jahren“.
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/amnog_praxisbesonderheiten/17070pb20181201.pdf
Die Anforderung an die Verordnung finden sich hier.
(Hinweis: Wirkstoffe mit „Praxisbesonderheit“ filtern. Nach Auswahl des Arzneimittels unter der Rubrik Praxisbesonderheit den Link „Details“ anwählen).
Zur Indikationsstellung einer systemischen Therapie und/ oder der Anerkennung als Praxisbesonderheit beim Einsatz von Dupilumab bei Jugendlichen oder Erwachsenen bedarf es der Vorlage einer ausreichenden Behandlungsdokumentation beispielsweise einem Auszug der Patientenakte in Form einer Kopie, aus der hervorgeht, dass im Einzelfall die dafür vereinbarten Anforderungen an die Verordnung eingehalten wurden.
Die Dokumentation sollte beinhalten:
- genaue Diagnose
- Vortherapien (Einsatz der konventionellen First-Line-Therapeutika, Anwendungsdauer, Therapieergebnisse)
- ggf. Unverträglichkeiten bzw. Kontraindikationen
- Beginn der Therapie sowie
- Nachweis über ein adäquates klinisches Ansprechen nach 16 Behandlungswochen
Ein adäquates Ansprechen ist definiert als:
- eine Reduktion des EASI-(Eczema Area and Severity Index) Scores um mindestens 50 % gegenüber des festgestellten EASI-Scores zu Therapiebeginn oder
- eine Reduktion des DLQI-(Dermatology Life Quality Index) Scores um mindestens 4 Punkte gegenüber des festgestellten DLQI-Scores zu Therapiebeginn
Die Angabe eines Parameters ist ausreichend.
Bei Patienten, die nach 16 Behandlungswochen kein adäquates klinisches Ansprechen auf die Behandlung der atopischen Dermatitis aufweisen, ist die Behandlung zu beenden.
Die Anerkennung als Praxisbesonderheit gilt nicht bei der Anwendung von Dupixent® außerhalb der gesetzlich bestimmten Bedingungen (im Rahmen eines nicht bestimmungsgemäßen Gebrauchs, „off label use“).
Quelle: Anlage 1 zur Vereinbarung nach § 130b Abs. 1 Satz 1 SGB V zwischen dem GKV-Spitzenverband und Sanofi-Aventis Deutschland GmbH zum Fertigarzneimittel Dupixent® (Wirkstoff: Dupilumab) bezüglich der Anerkennung einer Praxisbesonderheit
2.2 Ciclosporin A (CSA)
Zugelassen bei Patientinnen und Patienten zur Behandlung einer schweren atopischen Dermatitis, falls eine systemische Therapie erforderlich ist. Empfohlen wird eine Kurzzeit- bzw. Intervalltherapie. Die Therapie mit CSA ist eine kostengünstige Therapiealternative, jedoch keine bedingende Voraussetzung für eine indikationsgerechte und wirtschaftliche Behandlung mit Dupixent® oder Olumiant® oder zur Anerkennung von Dupixent® als bundesweite Praxisbesonderheit.
Eine Anwendung von Ciclosporin bei Kindern außerhalb der Transplantationsindikationen mit Ausnahme des nephrotischen Syndroms kann nicht empfohlen werden. Zudem ist die Erfahrung mit Ciclosporin bei Kindern mit atopischer Dermatitis beschränkt.
Vor Behandlungsbeginn und während der Therapie müssen regelmäßige Untersuchungen vor allem hinsichtlich des Blutdrucks und der Nierenfunktion durchgeführt werden.
Wie bei allen Immunsuppressiva ist das Risiko für bakterielle, virale, parasitäre und Pilz- Infektionen erhöht. Weitere potentiell schwerwiegende Nebenwirkungen sind die Entwicklung von Lymphomen, lymphoproliferativen Erkrankungen und anderen Malignomen insbesondere der Haut.
Eine Kombination mit Fototherapie ist zu vermeiden, ein optimaler UV- Lichtschutz während der Therapie ist anzuraten.
Schutzimpfungen mit lebend attenuierten Impfstoffen sind zu vermeiden. Eine Impfung mit inaktivierten oder Totimpfstoffen während der Behandlung ist möglich.
2.3 Baricitinib (Olumiant®)
Zugelassen zur Behandlung von mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei erwachsenen Patienten, die für eine systemische Therapie in Frage kommen. Zur Sicherheit und Wirksamkeit von Olumiant® bei 0- 18-jährigen Kindern und Jugendlichen liegen keine Daten vor.
Die empfohlene Dosis für Olumiant® beträgt 4 mg einmal täglich. Bei Patienten über 75 Jahre, bei einer Kreatinin- Clearance von < 60- 30 ml/min und bei Patienten mit chronischen bzw. wiederkehrenden Infekten in der Vorgeschichte beträgt die empfohlene Dosis 2 mg täglich.
In den Zulassungsstudien erreichten 16,8% der Patienten nach 16 Wochen einen IGA- Score von 0-1, unter zusätzlichem Einsatz einer Rescue- Medikation mit topischen Kortikosteroiden erreichten 30,6% der Studienteilnehmer einen erscheinungsfreien oder fast erscheinungsfreien Hautstatus.
Bei Patienten mit einer absoluten Lymphozytenzahl (ALC) von weniger als 0,5 × 109 Zellen/l, einer absoluten Neutrophilenzahl (ANC) von weniger als 1 × 109 Zellen/l oder einem Hämoglobinwert unter 8 g/dl sollte eine Therapie nicht begonnen werden. Dosisabhängig kann es auch zu Erhöhungen von Lebertransaminasen und LDL- Cholesterin kommen, weswegen entsprechende Laborkontrollen gemäß Fachinformation notwendig sind.
Berichtet wurde über das Auftreten von tiefen Venenthrombosen (TVT) und Lungenembolien (LE), weswegen der Einsatz von Baricitinib bei Patienten mit Risiken für TVT bzw. LE mit besonderer Vorsicht erfolgen soll. Beim Einsatz immunmodulatorischer Wirkstoffe ist das Risiko für das Auftreten von Lymphomen und anderen Malignomen erhöht. Entsprechende Daten zur Langzeitsicherheit liegen für Baricitinib noch nicht vor.
Die Anwendung von attenuierten Lebendimpfstoffen wird während oder unmittelbar vor einer Olumiant®-Behandlung nicht empfohlen. Eine Impfung mit inaktivierten oder Totimpfstoffen während der Behandlung ist möglich.
Die Patienten sollten vor Beginn einer Olumiant®-Therapie auf Tuberkulose (TB) getestet werden. Ebenso sollte ein Screening auf Virushepatitis durchgeführt werden.
Vor Beginn und im Rahmen der Therapieevaluation ist eine nachvollziehbare Dokumentation erforderlich. Diese sollte beinhalten
- genaue Diagnose
- Vortherapien (Einsatz der konventionellen First-Line-Therapeutika, Anwendungsdauer, Therapieergebnisse)
- ggf. Unverträglichkeiten bzw. Kontraindikationen
- Beginn der Therapie sowie
- Nachweis über ein adäquates klinisches Ansprechen nach 8 Behandlungswochen
Bei Patienten, bei denen nach 8 Behandlungswochen kein therapeutischer Nutzen nachgewiesen werden kann, ist laut Fachinformation eine Beendigung der Behandlung in Betracht zu ziehen.
Mit Beschluss des GBA vom 6. Mai 2021 wurde Olumiant® bei der Behandlung von Erwachsenen Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine kontinuierliche systemische Therapie in Frage kommen, kein Zusatznutzen gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie Dupilumab, zuerkannt.
2.4 Tralokinumab (Adtralza®)
Der humane monoklonale IgG4- Antikörper ist seit dem 15.07.2021 zur Therapie der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen, die für eine systemische Therapie in Frage kommen, zugelassen. Die initiale Dosis von Adtralza® beträgt 600mg (4subcutane Injektionen von je 150mg), danach alle zwei Wochen 300mg. Bei gutem klinischen Ansprechen kann nach 16 Wochen auf ein vierwöchiges Behandlungsintervall um gestellt werden.
In den placebokontrollierten Zulassungsstudien (Monotherapie und Kombinationstherapie mit topischen Kortikosteroiden) erreichten in Woche 16 signifikant mehr Patientinnen und Patienten in der Verumgruppe einen IGA- Score 0/1. Auch der EASI-75 wies unter Adtralza®
gegenüber Placebo signifikant bessere Ergebnisse aus.
Mit Beschluss vom 6. Januar 2022 wurde vom GBA gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie (ZVT) mit Dupilumab kein Zusatznutzen festgestellt.
2.5 Upadacitinib (Rinvoq®)
Der orale JAK- Inhibitor ist seit dem 23.08.2021 nun auch zur Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen und Jugendlichen ab 12 Jahren, die für eine systemische Therapie in Frage kommen, zugelassen. Die empfohlene Dosierung beträgt 15 oder 30 mg einmal täglich, für Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren und Erwachsene ab 65 Jahren 15mg/ Tag.
In den drei Zulassungsstudien wurden Wirksamkeit und Sicherheit von Rinvoq® als Monotherapie und in Kombination mit lokalen Kortikosteroiden gegenüber Placebo untersucht. Dabei erreichten signifikant mehr Patientinnen und Patienten der Verumgruppe eine mindestens 75- prozentige Verbesserung auf dem Eczema Severity Index (EASI 75).
Am 17.02.2022 hat der GBA dem Wirkstoff Upadacitinib gegenüber Dupilumab (ggf.in Kombination mit TCS und/oder TCI) bei der Behandlung von Erwachsenen, für die 30mg Upadacitinib die geeignete Dosis darstellt, den Hinweis auf einen beträchtlichen Zusatznutzen beschlossen.
Bundesweite Praxisbesonderheit ab 30.05.2022 bei der Behandlung Erwachsener mit mittel-schwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine kontinuierliche systemische Thera-pie in Frage kommen, für die 30 mg Upadacitinib die geeignete Dosis darstellt.
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/amnog_praxisbesonderheiten/20004pb20220530.pdf
Für die Behandlung von Jugendlichen von 12 bis < 18 Jahren sowie von Erwachsenen mit der 15 mg- Dosis wurde kein Zusatznutzen zuerkannt.
2.6 Abrocitinib (Cibinqo®)
Der Januskinaseinhibitor Abrocitinib wurde im Dezember 2021 von der Europäischen Kommission zur Behandlung der mittelschweren bis schweren atopischen Dermatitis bei Erwachsenen, für die eine systemische Therapie in Frage kommt, zugelassen. Auf dem deutschen Arzneimittelmarkt ist Abrocitinib ab Anfang 2022 verfügbar.
In den für die Zulassung maßgeblichen Studien zeigte der Wirkstoff, der in Tablettenform verabreicht wird, anhand des IGA und EASI deutlich bessere Ergebnisse als Placebo. In einer Studie, die einen Kontrollarm mit Dupilumab aufwies, zeigte sich nach zwei Wochen unter Abrocitinib 200mg/Tag eine Besserung des Juckreizes gegenüber Dupilumab. Am 07. Juli 2022 beschloss der Gemeinsame Bundesausschuss für Abrocitinib gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie mit Dupilumab (ggf. in Kombination mit topischen Glukokortikoiden und/ oder topischen Calcineurininhibitoren) einen Anhaltspunkt für einen beträchtlichen Zusatznutzen.
Bundesweite Praxisbesonderheit ab 15.07.2022 bei der Behandlung von Erwachsenen mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, die für eine systemische Therapie infrage kommen.
https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/amnog_praxisbesonderheiten/22005pb20220715.pdf
Stand: März 2023