6. Herzinsuffizienz mit gering reduzierter oder erhaltener Ejektionsfraktion (EF>40%)

6.1 Empagliflozin (Jardiance®)

6.1.1    Indikation

Die Zulassung von Jardiance® ist seit März 2022 auf die Behandlung von Erwachsenen mit symptomatischer, chronischer Herzinsuffizienz und einer linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF) > 40% erweitert worden. Die empfohlene Dosis beträgt einmal 10mg täglich.


6.1.2    Evidenz

Basis der Zulassungserweiterung sind Daten der 2021 im New England Journal of Medicine publizierten multizentrisch durchgeführten doppelblinden, randomisierten Studie EMPEROR- Preserved. 

Die 5988 Teilnehmer erhielten neben einer individuell optimierten Begleittherapie entweder 10mg Empagliflozin/Tag oder Placebo. Der primäre Endpunkt (EP) setzte sich aus kardiovaskulärem Tod oder erster Hospitalisierung aufgrund von Herzinsuffizienz zusammen. Die Studie wurde beendet, sobald 841 Ereignisse des primären EP erreicht wurden. Die mediane Behandlungsdauer lag bei 23 Monaten. Der kombinierte primäre Endpunkt wurde unter Empagliflozin gegenüber Placebo von 8,7 auf 6,9 pro 100 Patientenjahre verringert (NNT 56/Jahr). Jedoch hatte Empagliflozin im Vergleich zu Placebo keinen Einfluss auf die kardiovaskuläre (7,3% vs. 8,2%) oder die Gesamtmortalität (14,1% vs. 14,3%). Erst- Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz waren unter Empagliflozin mit 8,6% gegenüber 11,8% unter Placebo signifikant verringert, nicht jedoch die Anzahl der Gesamthospitalisierungen. Ebenfalls keine Unterschiede zeigten sich bei der Häufigkeit von Herzinfarkten oder Schlaganfällen sowie bei der mittels Fragebogen nach einem Jahr erhobenen gesundheitsbezogenen Lebensqualität (s.a. Tab. 2).

Tab. 2 Ausgewählte Ergebnisse aus EMPEROR-Preserved

Subgruppenanalysen betreffend den primären EP ergaben eine ähnliche Wirksamkeit von Empagliflozin bei Patienten mit oder ohne Diabetes mellitus Typ 2 oder CKD, ein signifikanter Effekt zeigte sich allerdings nur bei Patienten im Alter ≥ 70 Jahre. Hingegen zeigte sich kein Einfluss auf die Anzahl der Gesamthospitalisierungen (wesentlicher sekundärer EP) bei einer EF > 60% oder unter der Einnahme eines Mineralkortikoidrezeptorantagonisten.


6.1.3    Sicherheitsprofil 

Häufiger als unter Placebo waren in EMPEROR-Preserved bei Einnahme von Empagliflozin Harnwegs- und Genitalinfektionen, symptomatische Hypotonie und allergische Hautreaktionen. Hypoglykämien waren gegenüber Placebo mit 2,4% vs. 2,6% etwa gleich häufig. Ketoazidosen waren mit 0,1% in beiden Studienarmen selten.


6.1.4    Frühe Nutzenbewertung gemäß §35a SGB

Mit Beschluss vom 15.09.2022 hat der G-BA bei der Behandlung Erwachsener mit einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion HFpEF (LVEF > 50%) und mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion HFmrEF (LVEF > 40 bis 49%) mit Empagliflozin gegenüber der ZVT (optimierte Standardtherapie der Herzinsuffizienz und zugrundeliegender Erkrankungen) einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen festgestellt 
[https://www.g-ba.de/downloads/39-261-5618/2022-09-15_AM-RL-XII_Empagliflozin_D-799_BAnz.pdf].


6.1.5    Bundesweite Praxisbesonderheit

Verordnungen von Jardiance® (Wirkstoff: Empagliflozin) im Anwendungsgebiet „Behandlung von Erwachsenen mit einer symptomatischen chronischen Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion HFpEF (LVEF > 50%) und mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion HFmrEF (LVEF > 40 bis 49%) sind – unabhängig vom Vorliegen eines Diabetes mellitus – ab dem 01.07.2023 nach § 130b Abs. 2 SGB V von der Prüfungsstelle im Anwendungsgebiet mit einem Zusatznutzen laut G-BA Beschluss vom 15.09.2022 ab dem ersten Behandlungsfall als Praxisbesonderheit anzuerkennen
[https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/amnog_praxisbesonderheiten/14034pb20170301.pdf].
 

6.2 Dapagliflozin (Forxiga®)

6.2.1    Indikation

Die Zulassung von Forxiga® ist seit Februar 2023 auf die Behandlung von Erwachsenen mit symptomatischer chronischer Herzinsuffizienz mit LVEF > 40% erweitert worden. Die tägliche Dosis beträgt 10mg.


6.2.2    Evidenz

Die Zulassungserweiterung basiert auf den 2022 im New England Journal of Medicine publizierten Ergebnissen der randomisierten, doppelblinden, multizentrischen Studie DELIVER. 

6263 mindestens 40 Jahre alte Patientinnen und Patienten mit stabiler symptomatischer Herzinsuffizienz (LVEF >40%) nahmen an der Studie teil. Weitere Einschlusskriterien waren eine Vergrößerung des linken Vorhofs oder eine linksventrikuläre Hypertrophie sowie deutlich erhöhte natriuretische Peptide. Ausgeschlossen waren Patienten mit Diabetes Typ 1, eGFR < 25 ml/min/1,73 m2, einem sytolischen RR < 95 mm Hg und verschiedenen Formen einer Kardiomyopathie. Die Randomisierung erfolgte im Verhältnis 1:1 (10mg Dapagliflozin bzw. Placebo) zusätzlich zur individuellen Therapie. Der primäre EP setzte sich zusammen aus kardiovaskulärem Tod, Hospitalisierung oder dringlichem Arztkontakt wegen Herzinsuffizienz. Während unter Placebo 19,5% im Verlauf von im Median 2,3 Jahren ein Ereignis des primären EP erlitten, waren dies unter Dapagliflozin 16,4% der Studienteilnehmerinnen und Teilnehmer (Hazard Ratio 0,82, 95% CI 0,73- 0,92). Signifikant reduziert wurden lediglich Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz (5% vs. 6,5%, HR 0,77, NNT67/Jahr). Gesamt- und kardiovaskuläre Mortalität wurden durch Dapagliflozin nicht beeinflusst. In Subgruppenanalysen zeigte Dapagliflozin keinen Vorteil gegenüber Placebo bei Patienten mit einem systolischen RR von =128 mg Hg.
 

6.2.3    Sicherheitsprofil

Die Absetzrate wegen Nebenwirkungen war in beiden Armen von DELIVER mit jeweils 5,8% gleich. Bei zwei Teilnehmern im Verum-Arm kam es zum Auftreten einer diabetischen Ketoazidose.


6.2.4    Frühe Nutzenbewertung gemäß §35a SGB

Mit Beschluss vom 17.08.2023 hat der G-BA bei der Behandlung Erwachsener mit einer symptomatischen chronischen Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion HFpEF (LVEF > 50%) und mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion HFmrEF (LVEF > 40 bis 49%) mit Dapagliflozin gegenüber der ZVT (optimierte Standardtherapie der Herzinsuffizienz und zugrundeliegender Erkrankungen) einen Anhaltspunkt für einen geringen Zusatznutzen festgestellt
[https://www.g-ba.de/downloads/39-261-6127/2023-08-17_AM-RL-XII_Dapagliflozin_D-906_BAnz.pdf].


6.2.5    Bundesweite Praxisbesonderheit

Laut G-BA Beschluss vom 17.08.2023 mit Geltungsbeginn der Praxisbesonderheit ab 01.03.2024 für Erwachsene mit einer symptomatischen, chronischen Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion HFpEF (LVEF = 50 %) und mit geringgradig eingeschränkter Ejektionsfraktion HFmrEF (LVEF > 40 bis 49 %)
[https://www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/arzneimittel/amnog_praxisbesonderheiten/13016pb20230113.pdf].
 

6.3 Wichtig: Hinweise zur wirtschaftlichen Verordnung

Die NVL Chronische Herzinsuffizienz unterteilt die Herzinsuffizienz mit einem LVEF von > 40% in eine HI mit geringgradig eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion von 40- 49% (HFmrEF) und eine HI mit erhaltener LVEF von = 50% (HFpEF). Auf Grund der Studienlage wird jedoch einheitlich für Patienten mit einer LVEF von >40% mit moderatem Empfehlungsgrad (sollte) die Gabe eines SGLT-2-Inihibitors (Empagliflozin, Dapagliflozin) empfohlen. Mit hohem Empfehlungsgrad (soll) wird bei Zeichen einer Flüssigkeitsretention der Einsatz eines Diuretikums empfohlen ebenso die leitliniengemäße Behandlung von Komorbiditäten.
Berücksichtigen Sie bitte den vorrangigen Einsatz von verfügbaren Generika und bestehende Rabattverträge. 
Empagliflozin (Jardiance®) ist seit dem 01.07.2023, Dapagliflozin (Forxiga®) ab dem 01.03.2024 (Indikation s. 6.2.5) nach § 130b Abs. 2 SGB V von der Prüfungsstelle im Anwendungsgebiet als bundesweite Praxisbesonderheit anzuerkennen (Indikation s. 6.1.5).