1. Hintergrund
Daten der von 2008- 2011 vom RKI durchgeführten (und bislang aktuellsten) Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS 1) zeigen, dass 56,6% der Männer und 60,5% der Frauen im Alter von 18 bis 79 Jahren ein erhöhtes Serum-Gesamtcholesterin oberhalb des aktuell empfohlenen Grenzwertes von 190 mg/dl (ca. 5,0 mmol/l) aufweisen.
Die wichtigste Komplikation von Fettstoffwechselstörungen ist die Atherosklerose mit kardiovaskulären Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall.
In den beiden letzten Dekaden wurden die Grenzwerte von Gesamtcholesterin und LDL-Cholesterin immer weiter nach unten verschoben und haben Eingang in nationale und internationale Leitlinien gefunden. Entsprechende Empfehlungen sind nach Einschätzung der Autoren des Arzneiverordnungsreport 2022 weder durch Daten aus Interventionsstudien noch aus systematischen Übersichtsarbeiten gestützt. Es mangele auch an Nachweisen, dass durch Erreichen sehr ambitionierter LDL- C- Serumkonzentrationen die kardiovaskuläre oder Gesamtmor-talität günstig beeinflusst werden.
Der Konflikt zwischen zielwertorientierter Therapiestrategie (Treat to Target) und einer Fixdosis- Statintherapie (Fire and Forget) ist auch in der aktuellen Nationalen Versorgungsleitlinie „Chronische KHK“ nicht aufgelöst.
Innerhalb der letzten 10 Jahre haben sich die Verordnungen von Arzneimitteln zur Behandlung von Lipidstoffwechselstörungen zu Lasten der GKV nahezu verdoppelt. Rein rechnerisch ermöglicht das 2021 erreichte Verordnungsvolumen von Statinen die tägliche Behandlung von 8,4 Millionen Patientinnen und Patienten mit Statinen in Standarddosierungen.