Indikationsstellung zur Therapie
Die Anamnese umfasst zwingend die allgemeine medizinische Anamnese mit Angabe der wesentlichen schweren, früheren Erkrankungen und Operationen, sowie die Frage nach aktuellen Grunderkrankungen wie z.B. Nieren-, Lebererkrankungen. Sie fragt nach Schmerzauslösern, nach aufrechterhaltenden Faktoren, Copingstrategien sowie nach der Dauer der Schmerzepisoden, ebenso wie nach der Begleitsymptomatik wie z.B. Übelkeit, Schwindel.
Die körperliche Untersuchung orientiert sich an der Beschwerdedarstellung und an Voruntersuchungen. Eine Bildgebung ist nicht regelhaft notwendig, sondern nur bei Verdacht auf abwendbar gefährliche Verläufe oder Klärung von Interventionsbedarf (z.B. Nerven- oder Gefäßkompression). Entsprechende Verhaltensbeobachtungen, wie z.B. Vermeidungsverhaltensweisen oder Funktionstests (z.B. Bewegungsprüfungen) können hilfreich sein.
Die spezielle Schmerzanamnese ermittelt die folgenden Anhaltspunkte zur Charakterisierung des Schmerzgeschehens durch Schmerzlokalisation und Ermittlung der Schmerzqualität als Hinweis auf den wesentlichen kausalen Entstehungsmechanismus.
Man unterscheidet folgende Schmerzarten:
Schmerzart | Beschreibung | Entstehung | Beispiele |
---|---|---|---|
Nozizeptiver Schmerz | stechender, drückender, bohrender Schmerz belastungsabhängiger Muskel/Skelettschmerz, lokale Druckschmerzhaftigkeit, Entzündungszeichen | Gewebereizung oder Schädigung | Arthrose muskuloskelettale Schmerzen Ischämieschmerz bei pAVK Frakturen |
Neuropathischer Schmerz | brennender, einschießender, attackenartiger Schmerz keine Linderung in Ruhe, Sensibilitätsstörungen, Parästhesien, Überempfindlichkeiten | Nervenschädigung | Ischialgie, diabetische Neuropathie, Trigeminusneuralgi postherpetische Neuralgie |
Dysfunktionaler Schmerz | multilokulär, oft keine pathologischen Befunde, Schmerzüberempfindlichkeit, vegetative oder psychische Symptome | reduzierte endogenen Schmerzhemmung und veränderte Schmerz- verarbeitung | Fibromyalgie |
Mischformen | Mischformen zwischen den o.g. Schmerzentitäten |
Weitere Schmerzqualitäten, wie z.B. pulsierender, pochender Schmerz (z.B. bei Migräne, inflammatorischem Schmerz), krampfhafte, kolikartige Schmerzen als Hinweis auf viszerale Schmerzen, sind eher Schmerzmodalitäten der akuten Behandlungssituation.
Die Dauer des Schmerzes gibt Hinweise auf die Chronizität und auf die Schmerzprognose. Je länger das Schmerzsyndrom besteht, umso relevanter sind psychosoziale Faktoren bei der Aufrechterhaltung des Schmerzgeschehens.
Die Ermittlung der Schmerzstärke erfolgt über Angabe der höchsten Schmerzintensität, über die Angabe des durchschnittlichen Dauerschmerzes und ggf. aus der Bestimmung von Schmerzintensitäten in Ruhe und bei Bewegung.
Darüber hinaus sind schmerzauslösende, schmerzverstärkende und schmerzlindernde Kofaktoren (z.B. körperliche Bewegung / Ruhe, Berührungen, Wärme/Kälte usw.) zu bestimmen.
Es sind die über das Schmerzgeschehen hinausgehenden Beeinträchtigungen wie z.B. Schlafstörungen, Beeinträchtigung in Alltagsfunktionen und des sozialen Lebens zu erfragen und zu berücksichtigen.
Wichtig ist es die pharmakologischen und nicht-pharmakologischen Therapien der letzten sechs Monate, inkl. der Selbstmedikation zu erfragen. Es ist auf Hinweise zu Arzneimittelunverträglichkeit oder Allergie, sowie die Ursachen und Häufigkeit von Medikamentenwechseln, bzw. – beendigungen zu achten. Insbesondere wenn Opioide oder Psychopharmaka verabreicht werden sollen, müssen Risikofaktoren für ein mögliches Suchtverhalten ermittelt werden. Wichtig ist auch die Erhebung der aktuellen, nicht-analgetisch bedingten Medikation. Hierunter fallen insbesondere interaktionsträchtige Arzneimittel, sowie Arzneimittel zur Prophylaxe/Therapie von analgetikabedingten Komplikationen um ggf. Doppelverordnungen zu vermeiden.
In der psychosozialen Anamnese ist die psychosoziale Situation des Versicherten (Familie, Beruf, begleitenden psychologischen Symptomen), sowie das Selbstbild des Versicherten bzgl. seiner Schmerzproblematik (welche Ursachen sieht er) zu ermitteln.
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