Behandlung von chronischen Wunden

Die Wundheilung stellt einen körpereigenen Vorgang dar und kann daher durch ärztliche Maßnahmen nur insofern beschleunigt werden, als dass innere oder exogene hemmende Einflüsse beseitigt werden. Primär sollten die Erkrankungen behandelt werden, welche die Ulzeration auslösen, z.B. venöse oder arterielle Gefäßerkrankungen. Die lokale Wundtherapie soll eine ungestörte Wundheilung ermöglichen. Eine optimierte kausale Therapie und eine die Wundheilung nicht störende (z.B. durch Traumatisierung des Wundbettes) Wundauflage reichen in der Regel aus, um die Wundheilung anzuregen und das Ulkus zum Abheilen zu bringen. So konnte in den gesichteten Studien keines der untersuchten Materialien (Alginat, Schaumstoff, Acrylat, Hydrokolloid, Hydrofaser, feuchte Kompresse, Gaze) gegenüber anderen Materialien einen Vorteil für die Wundheilung nachweisen.
Der Einsatz sollte daher je nach Erfordernissen der Wundsituation, den Zielen des Patienten und anhand der physikalischen Möglichkeiten sowie den Grenzen des verwendeten Materials erfolgen.
Quelle: S3- Leitlinie: Lokaltherapie schwerheilender und/oder chronischer Wunden aufgrund von peripherer arterieller Verschlusskrankheit, Diabetes Mellitus oder chronischer venöser Insuffizienz (09/2023)

 

Verbandwechsel / Verordnungsmenge
Wundauflagen zur phasengerechten, feuchten Wundbehandlung sind oftmals zum längeren Verbleib auf der Wunde konzipiert und benötigten diesen dauerhaften Wundkontakt um ihre Wirkung entfalten zu können. Der Einsatz von modernen Wundauflagen ist nur sinnvoll und ökonomisch, wenn dadurch das Verbandsintervall verlängert werden kann. Ist eine Verbandwechselfrequenz notwendig, die eine ausreichende Verweildauer der Wundauflagen auf der Wunde nicht ermöglicht, kann die Verwendung dieser teuren Wundauflagen als unwirtschaftlich angesehen werden.

 

Präparateauswahl: Antiseptische Wundauflagen
Zu silberhaltigen Wundauflagen können anhand der vorliegenden Studien keine belastbaren Aussagen zum Nutzen oder Schaden im Hinblick auf die Wundheilung getroffen werden. Es gibt Hinweise aus In-vitro-Studien, dass Silber zwar wirksam gegen Bakterien ist, sich aber auch schädlich auf die Wundheilung auswirken kann (zytotoxische Wirkung). Aufgrund möglicher Toxizität und Resistenzentwicklung sollte Silber nicht länger als drei Wochen ununterbrochen eingesetzt werden.
Wundauflagen, die PVP-Jod enthalten, dürfen ebenfalls nur zeitlich begrenzt zum Einsatz kommen und sind zudem kontraindiziert in der Schwangerschaft sowie bei Hyperthyreose.
Antiseptische Hydrogele mit antibakteriell wirksamen Substanzen wie Polyhexanid und Octenidin sind kontraindiziert bei bekannten Allergien oder Allergieverdacht auf einen Bestandteil des Produktes und dürfen nicht auf hyalinem Knorpel angewendet werden. Zudem ist zu beachten, dass nur Hydrogele, die als Verbandmittel eingeordnet sind auch unter die Leistungspflicht der GKV fallen. Bei Octenisept® (Octenidindihydrochlorid und Phenoxyethanol) ist auf einen bestimmungsgemäßen Gebrauch zu achten, um schwere Gewebeschädigungen (nach einem nicht bestimmungsgemäßen Gebrauch) wie beispielsweise die Spülung tiefer Wunden (z. B. Perforationswunden) oder Wundspülungen unter Druck zu vermeiden. So ist Octenisept® nur zur oberflächlichen Anwendung bestimmt und soll mittels Tupfer oder Aufsprühen aufgetragen werden. Es darf nicht z. B. mittels Spritze in die Tiefe des Gewebes eingebracht werden. Ferner handelt es sich bei Octenisept Lösung um ein nicht-rezeptpflichtiges Arzneimittel, daher ist die Verordnung für Erwachsene an Bedingungen der Anlage I der Arzneimittel-Richtlinie geknüpft.
Quelle:  Mitteilung der AkdÄ "Aus der UAW-Datenbank" zu Octenisept (01/2017); Verordnungsforum 38 der KVBW (04/2016)

 

Präparateauswahl: Ibuprofenhaltige Wundauflagen
Anhand vorliegender Studien können keine belastbaren Aussagen zum Nutzen oder Schaden der Therapie mit ibuprofenhaltigen Schaumstoffauflagen getroffen werden.

 

Präparateauswahl: Mehrlagenverbandsysteme
Mehrlagenverbandsysteme können die Kompression bis zu mehreren Tagen aufrechterhalten. Bedenken sollte man, dass die häufigste Ursache für ein Ulcus cruris die chronisch- venöse Insuffizienz ist, die üblicherweise mit Kompression behandelt werden sollte. Kann jedoch eine ausreichende Tragezeit aufgrund der Notwendigkeit eines hochfrequenten Verbandwechsel nicht gewährleistet werden, kann die Verwendung von Mehrlagenkompressionssystemen als unwirtschaftlich und der Einsatz kostengünstiger Kurzzugbinden - unter der Voraussetzung einer ausreichenden Mobilität des Patienten - zur Kompression als ausreichend angesehen werden. Zu beachten ist weiterhin, dass der Anpressdruck insbesondere zu Beginn der Therapie bei rascher Abnahme von Ödemen schnell abnehmen kann, was zum Verrutschen der Binden führt und eine neue Anlage erfordert.
Langzugbinden erzeugen einen hohen Ruhedruck und müssen nachts entfernt werden. Ihr Einsatz ist nur bei Ausfall der Muskelpumpe z.B. bei Lähmung der unteren Extremitäten sinnvoll.
Quelle: Verordnungsforum 44 der KVBW (01/2018)